Erfahrungen mit der Terratec EWS64XL
Verfasst: Di 24. Aug 2010, 14:25
Guten Tag meine Damen und Herren, hallo liebe Geeks.
ich habe seit einigen Wochen eine Terratec EWS64XL im Rechner und habe die inzwischen ausgiebig mit DOS-Spielen gequält und werde Euch hier mal Bericht erstatten.
So viele Macken wie Creative-Karten im Detail haben mögen, hat man bei den Soundblaster-"Clones" häufig den Nachteil, daß die Kompatibilität nicht immer das Gelbe vom Ei ist.
Bei der EWS64XL sind meine Erfahrungen aber mehr als positiv. Die "L"-, "XL"- und "XXL"-Varianten der EWS64 haben einen Crystal-Codec verbaut, der für Windows-Sound-System- und Soundblaster-Pro-Kompatibilität sorgt. Mir ist bis jetzt kein Spiel untergekommen, das mit dem Crystal-Chip nicht gelaufen wäre. Selbst das zickige Tyrian funktioniert, wenn auch die SFX etwas "abgehackt" klingen (ist aber nicht allzu schlimm, finde ich). Alles andere scheint ohne Einschränkungen zu funktionieren. Auch Windows Sound System funktioniert mit vielen Spielen.
Ein kleines Manko hat der Crystal-Chip: Die Adlib-Emulation scheint nicht 100% genau zu sein. Manche Sachen klingen etwas seltsam, z.B. das Crash-Geräusch bei Stunts. Bei Keen5, meinem Lieblings-Adlib-Soundtrack, höre ich allerdings kaum Fehler (ich hab' jetzt allerdings nicht mit einem echten OPL2/3 verglichen). Ich kann also damit leben.
Ein bißchen warnen muß ich an dieser Stelle allerdings vor der EWS64S. Das ist die abgespeckte Variante mit einem AD-Soundport-Codec für Soundblaster Pro. Ich habe keine EWS64S, aber meine Terratec Base1/64 hat meines Wissens nach den gleichen Codec verbaut. Die SB-Pro-Kompatibilität funktioniert auch bei dem AD-Soundport-Codec sehr gut, aber leider klingt Adlib etwas sehr seltsam und in dem Fall finde ich es auch recht störend.
Neben dem Codec hat die EWS noch den Synthesizer DREAM SAM 9407 an Bord - ein Synthesizer-Chip, der für General MIDI durchaus recht tauglich ist. Ganz interessant daran ist, daß es eine Soundbank gibt, die die Samples des Roland SC-55 enthält. Ganz an das SoundCanvas kommt der DREAM damit nicht heran - dafür sind die Effekte und die Signalverarbeitung etwas schwach, aber man hört schon die Verwandschaft. Es gibt auch einen Soundfont "MU80L", der, wie es scheint, die Samples eines Yamaha-MU80-Soundmoduls enthält. Auch hier muß man allerdings sagen, daß schon der (echte) MU-10-Tongenerator (DB50XG, SW60XG) besser klingt - wohl aus ähnlichen Gründen wie bei Roland. Ein paar "eigene" Soundfonts gibt es auch, wobei mir der größte davon, eine 10MB-Soundbank interessanterweise am wenigsten gefällt. Für die größeren Soundbänke muß man allerdings ein Speichermodul auf die Karte stecken.
Alles in allem muß sich der Dream meiner Meinung nach auf keinen Fall vor typischen Mainstream-Wavetable-Karten wie der Creative AWE verstecken. Mir gefällt er eher besser als die AWE, zumal man Soundfonts auch ohne "Verrenkungen" mit DOS-Spielen benutzen kann. Von der Wiedergabe her ist der DREAM eher etwas zu "trocken", die AWE dagegen fast immer zu "hallig".
Apropos AWE: Mit der EWS64 in der XL-Version hat man ein Frontmodul, das neben MIDI-INs und -OUTs für die zwei MPU-Interfaces der Karte, digitalen Ausgängen und einem Kopfhörerausgang auch einen Steckplatz für ein Daughterboard enthält. Im Gegensatz zu Creative hat Terratec es anscheinend auch hinbekommen, eine vernünftige MPU401-Implementation zu entwickeln, so daß ich mit einem DB50XG bis jetzt keine hängenden Noten oder ähnliches hatte. Auch die Signalqualität scheint mir besser als bei Soundblaster-Karten zu sein.
Terratec hat sich allerdings einen anderen schweren Patzer geleistet, den "Mute-Bug", der dafür sorgt, daß, sobald man die SBPro-Emulation der Karte einschaltet, der Analog-Eingang für CDROM und Daughterboard stummgeschaltet wird.
Erfreulicherweise haben Locutus, Elianda und Lennart allerdings eine Lösung für dieses Problem gefunden:
Siehe hier.
Damit wird die EWS64 wirklich interessant für DOS-Kisten, weil man endlich ein Daughterboard vernünftig betreiben kann.
Bei der XXL-Variante steckt im Frontmodul noch ein kompletter Synthesizer vom Typ Waldorf Microwave XT. Den Daughterboard-Anschluß gibt es auch dort, allerdings ist wegen eines im Weg stehenden Bauteiles nicht genug Platz für Roland- oder Yamaha-Boards. Da kann man sich dann nur behelfen, indem man eine Art "Verlängerung" für den Daughterboard-Sockel baut. Wer den Microwave nicht braucht, ist also womöglich mit der XL besser beraten.
Was man erwähnen sollte, ist daß die Karte einen schier unglaublichen Funktionsumfang hat. "EWS" ist übrigens ein Insider-Joke und steht für "Eierlegende Wollmilch-Sau" und das ist keine Untertreibung. Die Karte ist wirklich darauf ausgelegt "alles" zu können - Musik machen, Recording, DOS-Spiele und wer weiß was noch. Das Signalrouting der Karte ist ein Dschungel und das "RTFM , please", das die Jungs von Terratec auf die Karte gedruckt haben, sollte man durchaus ernst nehmen.
Mir ist allzuviel RTFM allerdings erspart geblieben, weil Elianda mir freundlicherweise fertige Konfigurationsdateien gegeben hat, mit denen die Karte unter DOS funktioniert. Wer Interesse hat, kann sich bei mir melden, dann gebe ich die Dateien gerne weiter.
Ansonsten muß man bedenken, daß die Karte wegen ihrer Funktionsvielfalt einiges an Systemressourcen beansprucht, so braucht man nicht nur Port, DMA und IRQ, die sich dann SBPro- und Windows-Sound-System-Emulation teilen, sondern auch jeweils Port (und evtl. IRQ) für beide MIDI-Ports (am ersten hängt der Dream, am zweiten das Daughterboard, beide haben MIDI-Ein- und Ausgänge am Frontmodul), einen Port für den Joystickanschluß, für Adlib und für "Digital Control". Wer also nicht alles benutzt, tut gut daran, unnötige Dinge abzuschalten, was zum Glück geht. Bei mir lebt die Karte allerdings in friedlicher Koexistenz mit einer SCC-1 und einer Ultrasound MAX zusammen - allzu schlimm ist es also nicht, wenn man die Ressourcen richtig verteilt.
Was man sonst noch erwähnen kann, ist die Tatsache, daß an der Karte alles einen hochwertigen Eindruck macht. Das beginnt mit dem sehr guten Handbuch (das sogar mit Humor geschrieben ist) und setzt sich fort mit der Verarbeitung der Karte und dem Frontmodul, das aus so dickem Metall gebaut ist, daß es wahrscheinlich den dritten Weltkrieg unbeschadet überstehen wird und überhaupt einfach hochwertig aussieht - vor allem in einem schwarzen PC.
Alles in allem muß ich sagen, daß ich die AWE, die der EWS64 weichen mußte, nicht vermisse, auch wenn die AWE eine Soundblaster 16 enthält und die EWS64 nur SBPro beherrscht.
Früher hatte ich Bedenken, daß Spiele mit Soundblaster 8bit schlechter klingen als mit SB16, aber anscheinend verwenden fast alle DOS-Spiele ohnehin nur Samples mit 8bit und 22,1 khz und ich habe bei Hörtests keinen Unterschied feststellen können, auch nicht mit etwas neueren DOS-Spielen wie Duke3D oder Descent. Einen Blindtest habe ich nicht gemacht, aber ich wage jetzt einmal die Behauptung, daß, falls es einen Unterschied gibt, dieser für DOS-Spiele uninteressant sein dürfte.
Im Vergleich zur AWE rauscht die EWS zudem weniger und hat mehr Ausgangspegel, ergo ist der Signal-Rauschabstand besser, was ein Vorteil für die Audioqualität ist.
Ich kann die EWS64L, XL und XXL für DOS daher empfehlen, die S allerdings wegen der Adlib-Emulation, die voraussichtlich so schlecht sein wird wie bei der BASE1, nur eingeschränkt.
Man sollte allerdings gucken, daß man eine Karte mit der Revision 1.2 bekommt. Diese Revision ist ausgereifter als 1.0 und 1.1 und weniger wählerisch, was die Bestückung mit RAM-Modulen angeht --> näheres hier.[/b]
Gruß,
Stephan
ich habe seit einigen Wochen eine Terratec EWS64XL im Rechner und habe die inzwischen ausgiebig mit DOS-Spielen gequält und werde Euch hier mal Bericht erstatten.
So viele Macken wie Creative-Karten im Detail haben mögen, hat man bei den Soundblaster-"Clones" häufig den Nachteil, daß die Kompatibilität nicht immer das Gelbe vom Ei ist.
Bei der EWS64XL sind meine Erfahrungen aber mehr als positiv. Die "L"-, "XL"- und "XXL"-Varianten der EWS64 haben einen Crystal-Codec verbaut, der für Windows-Sound-System- und Soundblaster-Pro-Kompatibilität sorgt. Mir ist bis jetzt kein Spiel untergekommen, das mit dem Crystal-Chip nicht gelaufen wäre. Selbst das zickige Tyrian funktioniert, wenn auch die SFX etwas "abgehackt" klingen (ist aber nicht allzu schlimm, finde ich). Alles andere scheint ohne Einschränkungen zu funktionieren. Auch Windows Sound System funktioniert mit vielen Spielen.
Ein kleines Manko hat der Crystal-Chip: Die Adlib-Emulation scheint nicht 100% genau zu sein. Manche Sachen klingen etwas seltsam, z.B. das Crash-Geräusch bei Stunts. Bei Keen5, meinem Lieblings-Adlib-Soundtrack, höre ich allerdings kaum Fehler (ich hab' jetzt allerdings nicht mit einem echten OPL2/3 verglichen). Ich kann also damit leben.
Ein bißchen warnen muß ich an dieser Stelle allerdings vor der EWS64S. Das ist die abgespeckte Variante mit einem AD-Soundport-Codec für Soundblaster Pro. Ich habe keine EWS64S, aber meine Terratec Base1/64 hat meines Wissens nach den gleichen Codec verbaut. Die SB-Pro-Kompatibilität funktioniert auch bei dem AD-Soundport-Codec sehr gut, aber leider klingt Adlib etwas sehr seltsam und in dem Fall finde ich es auch recht störend.
Neben dem Codec hat die EWS noch den Synthesizer DREAM SAM 9407 an Bord - ein Synthesizer-Chip, der für General MIDI durchaus recht tauglich ist. Ganz interessant daran ist, daß es eine Soundbank gibt, die die Samples des Roland SC-55 enthält. Ganz an das SoundCanvas kommt der DREAM damit nicht heran - dafür sind die Effekte und die Signalverarbeitung etwas schwach, aber man hört schon die Verwandschaft. Es gibt auch einen Soundfont "MU80L", der, wie es scheint, die Samples eines Yamaha-MU80-Soundmoduls enthält. Auch hier muß man allerdings sagen, daß schon der (echte) MU-10-Tongenerator (DB50XG, SW60XG) besser klingt - wohl aus ähnlichen Gründen wie bei Roland. Ein paar "eigene" Soundfonts gibt es auch, wobei mir der größte davon, eine 10MB-Soundbank interessanterweise am wenigsten gefällt. Für die größeren Soundbänke muß man allerdings ein Speichermodul auf die Karte stecken.
Alles in allem muß sich der Dream meiner Meinung nach auf keinen Fall vor typischen Mainstream-Wavetable-Karten wie der Creative AWE verstecken. Mir gefällt er eher besser als die AWE, zumal man Soundfonts auch ohne "Verrenkungen" mit DOS-Spielen benutzen kann. Von der Wiedergabe her ist der DREAM eher etwas zu "trocken", die AWE dagegen fast immer zu "hallig".
Apropos AWE: Mit der EWS64 in der XL-Version hat man ein Frontmodul, das neben MIDI-INs und -OUTs für die zwei MPU-Interfaces der Karte, digitalen Ausgängen und einem Kopfhörerausgang auch einen Steckplatz für ein Daughterboard enthält. Im Gegensatz zu Creative hat Terratec es anscheinend auch hinbekommen, eine vernünftige MPU401-Implementation zu entwickeln, so daß ich mit einem DB50XG bis jetzt keine hängenden Noten oder ähnliches hatte. Auch die Signalqualität scheint mir besser als bei Soundblaster-Karten zu sein.
Terratec hat sich allerdings einen anderen schweren Patzer geleistet, den "Mute-Bug", der dafür sorgt, daß, sobald man die SBPro-Emulation der Karte einschaltet, der Analog-Eingang für CDROM und Daughterboard stummgeschaltet wird.
Erfreulicherweise haben Locutus, Elianda und Lennart allerdings eine Lösung für dieses Problem gefunden:
Siehe hier.
Damit wird die EWS64 wirklich interessant für DOS-Kisten, weil man endlich ein Daughterboard vernünftig betreiben kann.
Bei der XXL-Variante steckt im Frontmodul noch ein kompletter Synthesizer vom Typ Waldorf Microwave XT. Den Daughterboard-Anschluß gibt es auch dort, allerdings ist wegen eines im Weg stehenden Bauteiles nicht genug Platz für Roland- oder Yamaha-Boards. Da kann man sich dann nur behelfen, indem man eine Art "Verlängerung" für den Daughterboard-Sockel baut. Wer den Microwave nicht braucht, ist also womöglich mit der XL besser beraten.
Was man erwähnen sollte, ist daß die Karte einen schier unglaublichen Funktionsumfang hat. "EWS" ist übrigens ein Insider-Joke und steht für "Eierlegende Wollmilch-Sau" und das ist keine Untertreibung. Die Karte ist wirklich darauf ausgelegt "alles" zu können - Musik machen, Recording, DOS-Spiele und wer weiß was noch. Das Signalrouting der Karte ist ein Dschungel und das "RTFM , please", das die Jungs von Terratec auf die Karte gedruckt haben, sollte man durchaus ernst nehmen.
Mir ist allzuviel RTFM allerdings erspart geblieben, weil Elianda mir freundlicherweise fertige Konfigurationsdateien gegeben hat, mit denen die Karte unter DOS funktioniert. Wer Interesse hat, kann sich bei mir melden, dann gebe ich die Dateien gerne weiter.
Ansonsten muß man bedenken, daß die Karte wegen ihrer Funktionsvielfalt einiges an Systemressourcen beansprucht, so braucht man nicht nur Port, DMA und IRQ, die sich dann SBPro- und Windows-Sound-System-Emulation teilen, sondern auch jeweils Port (und evtl. IRQ) für beide MIDI-Ports (am ersten hängt der Dream, am zweiten das Daughterboard, beide haben MIDI-Ein- und Ausgänge am Frontmodul), einen Port für den Joystickanschluß, für Adlib und für "Digital Control". Wer also nicht alles benutzt, tut gut daran, unnötige Dinge abzuschalten, was zum Glück geht. Bei mir lebt die Karte allerdings in friedlicher Koexistenz mit einer SCC-1 und einer Ultrasound MAX zusammen - allzu schlimm ist es also nicht, wenn man die Ressourcen richtig verteilt.
Was man sonst noch erwähnen kann, ist die Tatsache, daß an der Karte alles einen hochwertigen Eindruck macht. Das beginnt mit dem sehr guten Handbuch (das sogar mit Humor geschrieben ist) und setzt sich fort mit der Verarbeitung der Karte und dem Frontmodul, das aus so dickem Metall gebaut ist, daß es wahrscheinlich den dritten Weltkrieg unbeschadet überstehen wird und überhaupt einfach hochwertig aussieht - vor allem in einem schwarzen PC.
Alles in allem muß ich sagen, daß ich die AWE, die der EWS64 weichen mußte, nicht vermisse, auch wenn die AWE eine Soundblaster 16 enthält und die EWS64 nur SBPro beherrscht.
Früher hatte ich Bedenken, daß Spiele mit Soundblaster 8bit schlechter klingen als mit SB16, aber anscheinend verwenden fast alle DOS-Spiele ohnehin nur Samples mit 8bit und 22,1 khz und ich habe bei Hörtests keinen Unterschied feststellen können, auch nicht mit etwas neueren DOS-Spielen wie Duke3D oder Descent. Einen Blindtest habe ich nicht gemacht, aber ich wage jetzt einmal die Behauptung, daß, falls es einen Unterschied gibt, dieser für DOS-Spiele uninteressant sein dürfte.
Im Vergleich zur AWE rauscht die EWS zudem weniger und hat mehr Ausgangspegel, ergo ist der Signal-Rauschabstand besser, was ein Vorteil für die Audioqualität ist.
Ich kann die EWS64L, XL und XXL für DOS daher empfehlen, die S allerdings wegen der Adlib-Emulation, die voraussichtlich so schlecht sein wird wie bei der BASE1, nur eingeschränkt.
Man sollte allerdings gucken, daß man eine Karte mit der Revision 1.2 bekommt. Diese Revision ist ausgereifter als 1.0 und 1.1 und weniger wählerisch, was die Bestückung mit RAM-Modulen angeht --> näheres hier.[/b]
Gruß,
Stephan