Hallo,
Ok... das betrifft mein anderes Interessengebiet... Musik und Hifi :-)
Ich versuche mal, das, was ich weiß halbwegs kurz zusammenzufassen (komplexes Thema)
Fangen wir als Beispiel mal mit etwas an, das NICHT funktioniert:
Ich persönlich habe einen AKG K290 Surround. Das ist ein kabelgebundener Kopfhörer, bei dem zwei Membranen in jeder Ohrmuschel angebracht sind, eine vor, eine hinter dem Ohr.
Auf diese Weise soll es möglich sein, mit dem Kopfhörer Surround wiederzugeben. Was natürlich fehlt, ist die Lokalisation von Schallquellen durch Laufzeit-Unterschiede. Bei Wiedergabe über zwei korrekt aufgestellte Stereo-Lautsprecherboxen (oder ein Mehrkanalsystem) hört ja das linke Ohr auch den (die) rechten Lautsprecher, nur eben zeitverzögert, so daß das Gehirn aufgrund der Laufzeit eine Schallquelle auf der Stereobasis, d.h. der gedachten Linie zwischen den Lautsprecherboxen lokalisieren kann.
--> Das fällt bei meinem Kopfhörer natürlich weg, womit die Surround-Funktion ein Marketinggag ist und auch die Stereowiedergabe kopfhörertypische Einschränkungen hat.
Die Musik klingt, als würde sie IM KOPF stattfinden, was unter Umständen gewöhnungsbedürftig sein kann.
--> Unter diesem Problem leiden SÄMTLICHE konventionellen Kopfhörer, außer man gibt Kunstkopfaufnahmen darüber wieder, welche ja speziell für die Wiedergabe über Kopfhörer gedacht sind.
Von der unsinnigen Surround-Funktion und der "In-Kopf-Lokalisation" abgesehen klingt der Kopfhörer allerdings SEHR SEHR gut.
Ich besitze den Kopfhörer jetzt seit etwa fünf oder sechs Jahren und höre nach wie vor sehr gerne damit Musik. Auffällig ist die extrem gute Verarbeitung, vom Kopfhörer angefangen bis hin zum sehr robusten Kabel.
Zum Vergleich habe ich einmal den (hoch gelobten) Sennheiser HD-580 angehört, konnte aber im direkten Vergleich klanglich praktisch KAUM einen Unterschied feststellen. Ich erkläre mir das damit, daß die Kopfhörer wohl beide auf eine ähnliche Hörkurve abgestimmt sind und die Wandler kaum Fehler bei der Wiedergabe machen. Der Sennheiser erschien mir allerdings von der Verarbeitung her deutlich "klappriger".
Ein anderer Fall ist der von Dir verlinkte AKG Hearo 999. Dieser berechnet durch einen Signalprozessor entsprechenden Nachhall, so daß Schallquellen so klingen sollen, als stünden sie VOR dem Hörer (oder im Falle von Surround um ihn herum) und nicht in seinem Kopf.
Ob sich das Gehirn hier vollständig überlisten läßt, weiß ich nicht (ich habe noch keinen AKG Hearo ausprobiert), aber in der Theorie sollte es möglich sein, durch verzögertes "Crossfeed" ein Schallfeld zu simulieren, wie es eine korrekt aufgestellte Stereo- oder Surround-Anlage in einem optimalen Hörraum erzeugen würde.
Rauschen kann der Hearo 999 nicht, weil er eine DIGITALE Verbindung von der Basis zum Kopfhörer herstellt.
Eine weitere Besonderheit des Hearo ist, daß man ihn auf verschiedene Hörkurven einstellen kann. "Hörkurve" meint, daß Schall, wenn man ihn auf natürlichem Wege hört, von der Form des eigenen Kopfes und der Ohren beeinflußt wird und man sich im Laufe des Lebens an die eigene Hörkurve gewöhnt hat. Bei einem Kopfhörer ist die Schallbeeinflussung durch den Kopf weitgehend ausgeschaltet, so daß ein Kopfhörer eine entsprechende Hörkurve simulieren muß, soll der Klang in etwa so sein, wie man es gewöhnt ist. ==> Ein Kopfhörer
DARF also anders als ein Lautsprecher keinen linearen Frequenzgang haben, sondern muss ihn im Prinzip für jeden Hörer auf eine ganz bestimmte Art verbiegen!!
Beim Hearo kann man nun verschiedene Hörkurven einstellen, um diejenige auszuwählen, welche dem eigenen Kopf am nächsten kommt. Benutzt man den Hearo 999, kann man seinen Kopf sogar bei AKG akustisch vermessen und die Daten in den Kopfhörer einprogrammieren lassen - Ich vermute aber mal, daß das fast unbezahlbar sein dürfte (?).
Der Fachbegriff für die besagte Hörkurve ist übrigens HRTF - "Head Related Transfer Function".
Es gibt auch kleinere Hearo-Modelle als den 999 (der das Top-Modell darstellt), € 200 dürften aber für ein Neugerät etwas knapp sein (glaube ich...).
Ansonsten bleibt der Kauf eines guten kabelgebundenen Kopfhörers. Sehr positiv erwähnt werden in diesem Zusammenhang unter anderem der AKG K240, K240DF (beide (seit Jahrzehnten Standard in Aufnahmestudios), K141, K270, K501. Sennheiser HD 580 und HD 600. Beyerdynamic wird sehr oft positiv erwähnt, aber ich kenne mich mit den Modellen nicht aus.
(Diese Liste ist sicherlich nicht erschöpfend...)
Hier wirst Du selbst noch etwas recherchieren müssen und solltest natürlich nach Möglichkeit die Kopfhörer vor dem Kauf SELBST ANHÖREN, weil es dank der HRTF eben bei einem Kopfhörer nicht wirklich einen "geraden Frequenzgang" gibt (außer man betrachtet Kopf-Kopfhörer als Einheit).
Wenn es nicht auf extreme Lautstärken ankommt, kann man einen Kopfhörer auch direkt an der Soundkarte betreiben. Er sollte dann einen relativ hohen Wirkungsgrad haben und nicht zu hochohmig sein. Ich glaube, daß es vom AKG K240 eine entsprechende Variante mit geringerer Impedanz gibt.
Meinen K290 kann man nicht mehr kaufen. Er soll verwandt sein mit dem K270 Studio, welcher allerdings ein geschlossenes System ist, während der K290 offen ist.
Geschlossenen Systemen wird teilweise ein kräftigerer Bass nachgesagt, offenen Systemen dagegen eine naturgetreuere Wiedergabe. Es kommt aber wohl auf das entsprechende Modell an und sollte nicht verallgemeinert werden.
Fassen wir also zusammen
-Normale Kopfhörer ohne Signalprozessor bilden Stereoquellen im Kopf ab (eventuell kann man den Signal-Prozessor auch auf dem PC laufen lassen, z.B. als Winamp-Plugin).
-Eventuelle Schwierigkeiten ergeben sich durch die HRTF.
Vorteile:
-Probleme mit dem Hörraum finden nicht statt
-Es können oft ohrenbetäubende Lautstärken ohne wahrnehmbare Verzerrungen wiedergegeben werden. Es reichen hierfür meist Leistungen im Milliwattbereich aus.
-Dank der Druckkammer, die durch Ohr und Kopfhörer gebildet wird, ist auch eine sehr tiefreichende Baßwiedergabe möglich, ohne daß man dafür wie bei Lautsprecherboxen große Membranflächen bräucht.
-Komplexe Musikstücke werden häufig sehr gut "aufgelöst" (blöder Highend-Begriff, ein besserer fällt mir nicht ein).
FAZIT:
Kopfhörer sollten zur verwendeten Tonquelle passen und mit der eigenen HRTF harmonieren. Letzteres läßt sich wohl am ehesten durch einen Hörtest herausfinden, wobei für den ungeübten Hörer wohl eher eine Einstufung in "gefällt mir / gefällt mir nicht" möglich ist, als eine WIRKLICHE Bestimmung der im technischen Sinne "besten" Wiedergabe. Erschwerend kommt hier noch dazu, daß sich Tonaufnahmen nur über Lautsprecher beurteilen lassen und Lautsprecher (Kopfhörer) nur mit Hilfe von Aufnahmen --> Ein Teufelskreis :-)
Hier würde ich genau hinhören und dem eigenen Empfinden vertrauen und nicht auf (meist eh gekaufte) Testsiege oder Verkäufer-Gelaber achten. In kaum einer Branche wird soviel Blödsinn verbreitet wie im Hifi-Bereich.
Bei einem Hörtest läßt sich auch der Tragekomfort (heiße Ohren, etc.) gleich mit überprüfen.
Weil Du den Punkt "Höhen und Tiefen" ansprichst: Musik findet hauptsächlich im *Mittelton* statt und dort ist unser Gehör auch am empfindlichsten. Ein gutes Wiedergabesystem wird keinen Frequenzbereich vernachlässigen und keinen Bereich überbetonen. Viel Baß und Höhen klingen oft im ersten Moment beeindruckend, nerven dann aber später, wenn man die Musik in etwa so hören möchte, wie sie auf der CD ist.
Wenn ein Sänger klingt als hätte er einen Brustkorb von 20 Metern Durchmesser oder eine akustische Gitarre plötzlich fetten Baß macht, ist meist an der Wiedergabe etwas faul, auch wenn das im ersten Moment beeindruckend klingt :-)
Der Sinn eines ausgedehnten Frequenzbereiches unterhalb von 40 hz und oberhalb von 15.000 hz wird stark überschätzt. Musikalisch wichtige Information findet hier normalerweise nicht mehr statt --> ein ausgewogener Klang, insbesondere im Mittelton ist wichtiger --> darüber sagen die Datenblätter meist nichts sinnvolles aus!
Mittelton ist übrigens der Bereich zwischen etwa 400..4000 hz (die genaue Definition variiert) und nicht, wie oft angenommen der Bereich um 10.000 hz. Die Frequenzskala ist logarithmisch aufgebaut, so daß 10 khz schon absoluter Hochtonbereich ist (zwischen 10 khz und 20 khz liegt nur eine Oktave).
So, ich hoffe, das reicht erstmal an Informationen.
Sehr viele weiterführende Informationen gibt es hier:
http://headwize.com
Gruß,
Stephan