Hallo Nicolai, willkommen im dosforum!
Ein 486er mit Vesa Local Bus ist eine schöne Sache, wenn ein paar Dinge beachtet werden.
Ich schreibs mal in aller Kürze auf, damit du einen konkreten Startpunkt hast.
Welche CPU Geschwindigkeit?
Für viele ist der DX2/66 der sog. "Sweetspot" - eigentlich laufen alle Spiele der damaligen Zeit auf dem 66er. Spätere Prozessoren wie zB. der DX4/100 und noch schnellere von AMD und Cyrix sind mehr oder wenig schon Pentium-Konkurrenten und um einiges schneller als klassische 486er Systeme. Ich würde dir daher zu einem DX2/66 raten. Wenn es dir nur um maximale Leistung ginge, könntest du auch zu einem Pentium System greifen.
Welches Board / Welcher Chipsatz?
Für einen DX2 Rechner (DX2/50, DX2/66, DX2/80) empfehle ich dir solide, ehemalige Midrange Boards wie z.B. das Shuttle HOT-419 in erster Revision oder das Abit AN4 oder das Gigabyte 486-VF. Diese Boards haben alle auch schon PS/2 Speichersockel (aber auch 30pin Simmsockel) und laufen mit den Chipsätzen SiS 461 / 471 oder OPTi 895. Es gibt auch einfachere Boards mit UMC 491 Chipset, die können auch gut benutzt werden. Der SiS 471 und der OPTi 895 wurden auch in Highend-Boards eingesetzt und sind sehr schnell.
Mit Acer-Chipsets für VLB habe ich persönlich keine guten Erfahrungen gemacht. Die sind zwar schnell aber bei schnellen Timings sehr feinfühlig (schnell instabil). Von Billigchipsets mit Labels wie "Sarc" und "PCchips" "Mxxxx" würde ich bei VLB Boards abraten. Die laufen zwar auch mehr oder weniger aber langsamer als vorgenannte.
Midrange Boards haben für gewöhnlich keinen onboard Spannungsregler und sind daher nicht ohne Zwischensockel oder Overdrive-CPUs für Geschwindigkeiten oberhalb von 80MHz geeignet.
Duncans Erwähnung eines PS/2 Mausports ist für manche wichtig, die unbedingt eine PS/2 Maus (z.B. eine optische Maus) am Retro-Rechner verwenden wollen. Aber die meisten Retrospieler nutzen serielle (Kugel-) Mäuse, die am COM-Port angeschlossen werden. Ein COM-Port lässt sich auf jedem System einfach realisieren. Ich würde dir je nach deinem Budget eher dazu raten, eine günstige serielle Maus zu nehmen (bekommst du hier im Forum bestimmt sehr günstig!) als für einen PS/2 Anschluß auf dem Motherboard überproportional viel Geld auszugeben.
Zur Arbeitsspeicher- und Cachegröße auf dem Motherboard:
Große Cachemengen (>256KB) sind nur dazu geeignet, die letzten paar Prozente an Leistung herauszuholen und werden gewöhnlich nur dafür eingesetzt. Im praktischen Betrieb machen 256KB und 1MB Cache kaum Unterschiede. Das gleiche gilt für übermäßige Speicherbestückung. Viele wollen das Maximum des Boards ausschöpfen oder "mindestens 64MB" in einen 486er stopfen, aber das ist im Endeffekt weltfremd und bereitet oft auch Performanceprobleme (gerade unter Windows, sofern die sog. "cacheable area" überschritten wird. Typische Speichermengen für 486er sind 4-16MB, ich persönlich würde selbst in schnelle Kisten überhaupt nie mehr als 32MB stecken, es sei denn man plant Experimente mit Ramdisks usw. Für die mit einem 486er spielbaren DOS-Spiele reichen meist 8MB; 16MB ist dann die totale Comfort-Zone."
Die Controllerkarte:
Ein "einfacher" VLB Controller ist schon ein konplexes Gerät, denn der vereint schon IDE und FDD sowie Multi I/O Ports auf einer Karte. Wenn du ein Rechner mit CD-ROM bauen möchtest, wäre ein Controller mit zwei IDE Ports optimal, aber auch nicht zwingend notwendig. Viele Soundkarten haben ebenfalls einen CD-ROM Anschluß, der einfach in Betrieb zu nehmen ist. Dabei muss nur aufmerksam darauf geachtet werden, dass der CD-ROM Anschluß auf der Soundkarte auch zum Interface des CD-ROM Laufwerks passt, denn hier gibt es herstellerspezifische Interfaces (Mitsumi, Sony, Panasonic und schließlich IDE und SCSI).
Zur Grafikkarte und zum Grafikspeicher:
Für DOS-Spiele ist die Menge des Grafikspeichers nicht so wichtig. Ob 1MB oder 2MB spielt in der Performance keine große Rolle und vielleicht mal einen Frame / Sekunde mehr oder weniger - deutlich wird es nicht. Mehr Speicher hilft vor allem unter Windows bei höheren Auflösungen oder Farbtiefen.
Wenn du also vor allem DOS-Spiele spielen möchtest, kannst du ab 512KB Speicher glücklich werden, denn damit kannst du alle Titel, die VGA und SVGA benutzen, auch spielen.
Wichtiger ist dann schon der Grafikchip der Vesa-Local-Bus-Karte: Chips von Trident, Cirrus Logic und S3 sind allesamt sehr kompatibel, TsengLabs hat in ein paar Spielen Probleme, bzw. die Spiele haben Probleme mit TsengLabs Karten. Sind aber nicht viele. Die Trident-VLB Karten sind langsamer als die anderen Karten, bei Cirrus, S3 und Tseng kannst du eigentlich erstmal irgendeine Karte nehmen, die du auftreiben kannst. Unterschiede gibt es bei den Karten auch in der Qualität der Bildausgabe, die wiederrum abhängig vom verwendeten Monitor ist. Auf einem TFT Display sind manche Karten zu hell, andere krieseln ein wenig. Generell ist die Wahrscheinlichkeit, eine gute Bildausgabe zu erreichen mit einer Markenkarte höher als bei einer Noname-Karte. Ich persönlich ziehe eine S3 Karte einer Cirrus oder Tseng Karte vor, ich hab damit die besten Erfahrungen gemacht.
Meine Empfehlungen für wenig Geld sind Karten mit S3 805 Chip, Cirrus Logic Karten mit 5426 oder 5428 Chip und Karten mit Trident 9440AGi Chip. Damit bist du für DOS-Spiele gut ausgerüstet.
Zur Soundkartenauswahl:
Die Wahl der Soundkarte ist das wohl emotionalste Thema bei der Rechnerausstattung, da es viele konkurrierende Standards gab und innerhalb der Standards auch deutliche klangliche Unterschiede gibt. Es ist eine Welt für sich. Ich würde dir erstmal raten, pragmatisch an die Sache heranzugehen: Mit der von dir erwähnten SoundBlaster 16 Karte kannst du so gut wie jedes Spiel spielen und hörst erstmal was. Es gibt jedoch Unterschiede zwischen den einzelnen SoundBlaster 16 Modellen, vor allem auch in der Verwendung des Schaltkreises für die Musikausgabe (Stichwort: Echter OPL3). Die SoundBlaster Modelle haben eine Nummer, z.B. CT1750 oder CT2230. Anhand dieses Nummer lässt sich meistens klar identifizieren, ob die Soundkarte z.B. einen OPL3 Schaltkreis von Yamaha verwendet oder einen andersklingenden Nachbau. Dazu habe ich eine tabellarische Übersicht erstellt, die bei der Zuordnung helfen kann:
http://www.amoretro.de/guides-workshops ... ellnummern
Es gibt aber auch noch andere Karten mit einer anderen Art der Musikerzeugung, bei der die Musikinstrumente wesentlich authentischer klingen als bei Musik durch einen OPL3: Wavetable-Soundkarten.
Die Wavetable Soundkarten von Creative sind die Reihen SoundBlaster AWE32 / 64 und SB 32 - Unter DOS bieten die Karten Wavetablemusik in Einsteigerqualität (Viel Luft nach oben, aber genau das Richtige zum Reinschnuppern). Bei diesen Karten werden die Instrumente, die abgespielt werden sollen, direkt aus einem Speicher der Soundkarte gelesen und entsprechend verarbeitet (Wavetable-Synthese) und nicht in einem Chip selbst erzeugt (Frequenz-Modulation -> OPL3). Diese Funktion steht auf den AWE 32 / 64 und SB 32 Karten zusätzlich zu den SoundBlaster 16 Funktionen zur Verfügung. Du kannst also in den Spielen je nach Spiel als Musikausgabe SoundBlaster (16) oder AWE32 wählen.
Aber es gibt eine große Welt außerhalb des Creative Produktportfolios mit vielen Herstellern, die ganz hervorragende Soundkarten auf den Markt gebracht haben. Es kommt ganz auf den Geldbeutel an, aber mit Geduld und Glück ist es auch 2016 noch möglich, Oberklasse-Soundkarten relativ günstig zu erwerben, die dann unter DOS eine wesentlich hochwertigere Musikuntermalung bieten, als eine SoundBlaster Soundkarte.
Falls dich das Thema interessiert, finden wir hier im Forum bestimmt noch einige interessante Diskussionen und Vergleiche.
Aber wenn du einfach erstmal starten möchtest, spricht nichts gegen eine SoundBlaster 16. Such dir am besten ein Modell mit echtem OPL3 Chip aus, damit machen die alten Spiele dann am meisten Freude.
Viele Grüße
Fabian