Also jetzt endlich konnte ich die Orpheus 1 mal testen.
Was soll ich sagen? Es ist eine Soundkarte
Aber gar keine schlechte.
Grundrauschen (ich habs jetzt noch nicht auf voller Lautstärke getestet) habe ich noch nicht wahrgenommen, kein DMA-Klicken, keine Hanging-Notes, zwei FM-Synthesizer an Bord (der aus dem Crystal-Chipsatz und ein echter OPL3), und jetzt kommt der Hammer: Mit dem integrierten PCMIDI Interface ist mir das gelungen, was bislang noch kein Soundblaster oder einer meiner bisher getesteten Soundblaster Klone schaffen wollte, egal ob mit oder ohne SoftMPU: Sierra SGI Adventures und Wing Commander mit MIDI-Support starten.
Okay, die SGI Spiele und Wing Commander setzen auf MT32, was von General MIDI in ein paar Instrumenten abweicht. Bei Larry 3 kommt trotzdem ein anhörbares Ergebnis aus. Wing Commander klingt schon etwas bizarr.
Echte General MIDI Spiele laufen einwandfrei und die Dreamblaster X2 (leider keine GS, die hatte Edro, der Meister der Orpheus, zu dem Zeitpunkt noch nicht, obwohl Serdashop wohl ziemlich zeitgleich schon langsam anfing, X2GS auszuliefern) klingt auch echt gar nicht mal übel. Sie klingt anders, als meine bisherige Lieblings-Wavetable, die Yamaha DB50XG, mit der ich ja quasi aufgewachsen bin, ich überlege gerade noch, welche mir besser gefällt. Die XG ist jedenfalls deutlich voluminöser, aber bei den Gitarren bei Duke 3D etwas "drüber", die klingen meiner Meinung nach bei der X2 sogar noch was besser, wenn auch nicht so kraftvoll.
Bis dahin war aber ein langer Weg. Ich habe mich für die Konfiguration via Unisound entschieden. Ist auch im Grunde kein falscher Ansatz, allerdings fehlt in dem Beispiel für die SET BLASTER und UNISOUND Aufrufe auf der Orpheus-Webseite das Setzen der MIDI-Parameter für das Crystal MIDI-Interface, was sich dann per Default die IO 330 schnappt, was zufälligerweise auch die IO des PCMIDI ist. Ja und dann battlen die beiden MIDI-Interfaces auf Port 330 um die MIDI-Kommandos. Das Resultat ist äußerst bizarr. Man erkennt bekannte Melodien wie das Duke 3D Theme oder canyon.mid nicht mehr wieder - und jeder Remix ist unreproduzierbar anders. Gerade canyon.mid hat mir einige interessante Remixe von Jazz-Improvisationen bis zu Hintergrundmusik für einen Horrorfilm beschert.
Windows 98 bekomme ich mit dem funktionierenden DOS-Setup derzeit gar keine MIDI-Musik mehr entlockt. Das ist aber sicher nur eine Frage von noch zu machenden Treiber-Hacks. Hat ja keiner behauptet, dass es einfach wird.
Limitierungen sind u.A., dass der Crystal-Treiber von Windows 98 keine Umschaltung auf den echten OPL3 erlaubt, sondern den Crystal FM-Synth verwendet, sowie das Fehlen des ADPCM Codecs im Crystal Chip, was bei einigen wenigen Spielen wie Duke Nukum 2 zu fehlendem Digitalton führt. Aber gerade für einen 486, Pentium oder Pentium 2, zusammen mit einer Wavetable, also für die Ära der Spiele, wo MIDI auch eine große Nummer war, eine echt tolle Karte. Auch toll, dass man das Ganze sogar über einen Coax-Digitalausgang rausspielen kann (noch nicht ausprobiert, soll bei einigen Spielen aber Probleme mit dem Sound Blaster Digitalton machen), und wer schon ein Gehäuse mit AC97-Front-Audio hat, findet sogar einen passenden Header dafür.
An der Hardware würde ich nur bemängeln, dass die Löcher für die Abstandsbolzen für Fullsize-Wavetables wie Waveblaster oder DB50XG auf der Slotblech-Seite nicht stimmen und an der hinteren Seite der Karte gar nicht vorhanden (weil die Karte zu kurz ist).
Ich würde derzeit behaupten, die besten Allzweckwaffen für DOS sind die Soundblaster 16 CT1740 mit dem 4.05 DSP, wenn gnadenlose Kompatibilität mit allen Digital-Sounds gefordert ist und die Orpheus für MIDI-Enthusiasten, die eher in den neueren Spielen unterwegs sind (oder für die betroffenen Spiele wie die alten Plattformer á la Duke Nukum 2 ohnehin eine eigene Maschine mit anderer Soundkarte haben) und kompromissloses MIDI suchen.