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alte Hardware (insbesondere Mainboards) retten ?

Verfasst: Mi 23. Okt 2013, 20:05
von jippel
Immer wieder fallen mir Sockel 3 Boards in die Hände, die arg mitgenommen sind..sei es Dank ätzendem Akku oder handwerklicher Ungeschicklichkeit..oder beides ;)

Habe die Tage grade wieder zwei "Patienten" über die e-Bucht bekommen, die sich zwischen vielen anderen Schrott-Boards tummelten, die fürs Recycling angeboten wurden.

Wie rettet ihr solche Boards oder sortiert ihr sowas aus ?

1. Patient SOYO SY-4SAW
Habe endlich mein lang gesuchtes Soyo SY-4SAW/2/W5 bekommen, zum Glück ließ sich der Verkäufer darauf ein, für ein paar extra Euros die Boards nochmal einzeln mit Zeitung einzuwickeln..so war es zwar arg gerupft (alle Jumper fehlten) und die Batterie war ausgelaufen..aber es läuft.
Bei der Batterie war es schon mächtig angelaufen und am gammeln..so sieht es nun aus:
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Würdet ihr noch mehr von dem Belag abkratzen ? Und danach "konservieren" ? Bremsenreiniger oder ähnliches und danach Klarlack ?

2. Patient Gigabyte GA-5486AL
Hier war auch die Batterie am blühen ohne Ende und hat sich schön reingefressen, zum Glück war direkt darunter eine kleine Metall-Platte..es hat aber noch bis in den Bioschip-Sockel gestrahlt..Board läuft aber.
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3. Patient FIC 486-PIO3
Hat zum Glück schon eine Knopfzelle..leider wurde es sehr unsanft behandelt, auf der Rückseite sind tiefe Kratzer, es sieht sogar so aus als wenn eine Leiterbahn durch ist..Board läuft aber.
Kann man die Leiterbahn testen/reparieren ?
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4. Patient Soyo SY-4SA2
Hier wurde gleich zweimal zugeschlagen..einmal von der Batterie
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und noch schlimmer..jemand ist wohl mit dem Schraubendreher abgerutscht :-(
Ich befürchte das ist nicht mehr viel zu retten, oder ??
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Re: alte Hardware (insbesondere Mainboards) retten ?

Verfasst: Mi 23. Okt 2013, 21:01
von Mystery
Oberflächlich durchgeraspelte Leiterbahnen lassen sich eigentlich immer irgendwie reparieren wenn man eine ruhige Hand hat.

Bei ausgelaufenen Batterien sollte man lieber Vorsicht als Nachsicht walten lassen und wirklich jeden sichtbaren Rest entfernen (Glasfaserstift etc.) denn auch die kleinen Reste fressen sich schlimmstenfalls noch munter weiter durchs Material und dann kannst du das vermeintlich gerettete Board nach einigen Jahren trotzdem in die Tonne treten.

Re: alte Hardware (insbesondere Mainboards) retten ?

Verfasst: Do 24. Okt 2013, 15:32
von Shockwav3
Das Problem mit den ausgelaufenen Batterien ist im Amiga-Land (A500+, A4000) leider auch recht weit verbreitet - da hilft nur grob vorreinigen, Säure mit Essigessenz partiell neutralisieren und mit Isopropanol-Alkohol jeglichen "bläulichen" Film entfernen - sonst wird das Problem im Laufe der Zeit nur exponentiell schlimmer. Richtig schwierig wirds wenn sich jener blaue Film (Ergebnis der Reaktion von Lithium mit Metall) unter den Lötstopplack gefressen hat, dann kommt nochmal ein ganzer Batzen Arbeit auf dich zu.

Solang deine Boards aber laufen besteht noch Grund zur Hoffnung.

Re: alte Hardware (insbesondere Mainboards) retten ?

Verfasst: Fr 25. Okt 2013, 19:43
von anonymisiert1
Ich nehm das mal zum Anlass, eine kleine Fotostrecke reinzustellen :keen:

Betrifft auch aktuelle Diskussion hier: http://www.dosforum.de/viewtopic.php?f=16&t=7871

Objekt ist ein ExpertBoard mit leichtem Akkuschaden. Hatte ich schonmal notdürftig sauber gemacht. Heute für die Fotostrecke dann nochmal mit Säuberung unter dem KB Controller Sockel.


Wie man sieht, ist die übliche Region um den Akku zerfressen. Es sind zum Glück bis auf die Keyboard Leitungen keine wichtigen Signale vorhanden, so dass die Reparatur sich auf das kosmetische beschränkt.
Methode:
- Glasfaserpinsel: grobflächig die Leiterbahnen "polieren" und Dreck entfernen
- offenes Kupfer neu verzinnen
- ggf. defekte Leiterbahnen neu ziehen. Dazu eignen sich einzelne Drähtchen aus Kupferlitze

Auf dem ersten Bild ist der Sockel vom Keyboard Controller bereits entfernt. Die Lötaugen sind ebenfalls frei poliert, so dass kein grüner Siff mehr sichtbar ist:
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Jetzt gehts ans Wiedereinlöten des Sockels. Hinten im Bild sind die neu verzinnten Bahnen der Unterseite zu sehen:
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Und nochmal. Nach dem Verzinnen geh ich nochmal mit dem Glasfaserpinsel über die Bahnen, um sie anzurauhen.
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Wie man sieht, sieht das alles schei**e aus. Die Optik des Boards leidet unter der Behandlung sehr. Wenn auch die Funktion im jetzigen Zustand wieder 100%ig ist.

Ich wasche die Platine als nächstes mit Isopropanol ab. Zum Entfernen von Flussmittelresten muss das Iso etwas einweichen. Aber wichtig: Zahnbürste nicht vergessen :keen:
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Nochmal von oben:
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Das Board ist nun sauber, sieht aber immer noch schei**e aus:
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...ich behelfe mir mit Plastikspray - quasi das Haarspray für Männer: :keen:
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Ein feiner Sprühneben auf dem Board sorgt für eine klasse matte Optik. Wenn man Glanz will, dann einfach direkt sprühen:
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Und das schönste ist: Frauchen toleriert mein Treibern in der Küche kommentarlos :keen:

VG
anonymisiert1

Re: alte Hardware (insbesondere Mainboards) retten ?

Verfasst: Sa 26. Okt 2013, 15:36
von anonymisiert1
Und noch ein Beispiel, wo die Lauge unter die SIMM Sockel und Schaltkreise gelaufen ist. Dazu wurde alles in der Umgebung entfernt und die Leiterbahnen poliert.

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Re: alte Hardware (insbesondere Mainboards) retten ?

Verfasst: Sa 26. Okt 2013, 16:30
von philscomputerlab
Echt beeindruckende Arbeit! Was fuer Werkzeuge verwendest du fuer diese Arbeit?

Ich tue mir mit dem Loeten nicht so leicht. Muesste ich etwas ueben denke ich :)

Re: alte Hardware (insbesondere Mainboards) retten ?

Verfasst: Sa 26. Okt 2013, 16:33
von anonymisiert1
Hm eigentlich nichts weiter:

- Weller WHS 40D Station (schon seit Jahren...)
- ne ZD-915 Entlötstation mit Vakuumpumpe
- Glasfaserpinsel, Zahnbürste, Isoprop, Plastelack etc.
- viel Geduld und Vorrat an Ersatzteilen (Sockel u.ä.)

VG
anonymisiert1

Re: alte Hardware (insbesondere Mainboards) retten ?

Verfasst: Sa 26. Okt 2013, 17:27
von wretch
Man o man, RAM-Sockel oder gar ISA-Slots auslöten ist ja wirklich ne Heidenarbeit, darum beneide ich dich nicht. Schon Beeindruckend wieviel Zeit du in die eigentlich schrottreifen Boards investierst.

Re: alte Hardware (insbesondere Mainboards) retten ?

Verfasst: Sa 26. Okt 2013, 17:33
von anonymisiert1
Naja das braune Board brauchte etwa 1h. Mit ner Vakuumstation geht das echt fix.

VG
anonymisiert1

Re: alte Hardware (insbesondere Mainboards) retten ?

Verfasst: Di 12. Nov 2013, 10:46
von matze79
Vakkumentlötstation, oh man das würde mir nerven ersparen :)

Aber die sind schweineteuer..

Gute Arbeit übrigens

Laueft das Brett wieder ?

Re: alte Hardware (insbesondere Mainboards) retten ?

Verfasst: Mi 13. Nov 2013, 20:06
von captaincomic
Wie lötest Du das Zeug wieder ein? Also primär Lötstellen unterm Sockel - nicht auf der Rückseite. Da sind Bauteile die von beiden Seiten angelötet werden und ggf. auch innerhalb der Platine Kontakt zu bestimmten Layern haben müssen...

Re: alte Hardware (insbesondere Mainboards) retten ?

Verfasst: Mi 13. Nov 2013, 20:42
von anonymisiert1
Die Bohrungen sind genau wie die Vias galvanisch durchkontaktiert. Eigal wo man Lötzinn anlegt, wird es quasi reingesaugt und benetzt vollständig alle Metallflächen.

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@Matze, ja beide Boards und auch die von jippel laufen wieder ;-)

VG
anonymisiert1

Re: alte Hardware (insbesondere Mainboards) retten ?

Verfasst: So 17. Nov 2013, 14:57
von matze79
Hab hier noch ein 386er Board hier, VGA flimmert, hängt manchmal beim Post, hängt beim lesen von Festplatte.
Akkuschaden, (ist wahrscheinlich nicht die Ursache für die Probleme)
Lief bisher 1A seit kurzen diese Fehler.

Hast du Erfahrung mit sowas ? Ist definitiv das Board.
Irgendwas mit dem Bus ist nicht i.O.

Re: alte Hardware (insbesondere Mainboards) retten ?

Verfasst: Mo 18. Nov 2013, 21:12
von anonymisiert1
Puh, das klingt auf jeden Fall nicht trivial.

Hast du High Res Fotos von den "versauten" Stellen? Bestückung als auch Leiterseite interessant.

VG
anonymisiert1

Re: alte Hardware (insbesondere Mainboards) retten ?

Verfasst: Fr 22. Nov 2013, 14:55
von anonymisiert1
Weils hier gut passt... Mir ist die Tage auch ein SOYO SY-4SAW zugelaufen mit einem erheblichen Akku Schaden. Daher habe ich eine Intensivreperatur durchgeführt.

    PCI Slot entfernt um drunter zu "putzen"
    Neuverdrahtung der CMOS Batteriespannung und Sense Leitung
    BIOS auf neueste Version gelfasht

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Das Board hat ein paar nette Features. Leider gehen die seriellen Ports noch nicht (hat aber erstmal niedrige Prio). Mit dem neuesten Bios kann man von CD booten etc. und es hat schon diesen DMI Pool wie neuere Boards. Damit wirkt das schon wie ein Pentium Board.

Nur wieso zum Geier ist das so grottenlahm? (Turbo ist an, Timings habe ich gespielt, AMD 5x86 ist laut Manual gejumpert)

@jippel, wieviel PCPlayer FPS erreichst du mit deinem?

VG
anonymisiert1