Comanche - top oder flop?

Diskussion zu Spielen, welche nativ unter DOS laufen
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CptKlotz
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Comanche - top oder flop?

Beitrag von CptKlotz »

Hallo zusammen,

mir ist heute die Diskrepanz der Wertungen aufgefallen, die in den deutschen Testberichten zu Comanche herrscht.

Comanche in der Powerplay und ASM
Comanche in der PC Player

Die ASM gibt 12/12 Punkten
Die Powerplay gibt 64 %
Die PC-Player gibt 86 %


Ich frag' mich gerade, wie ich das Spiel selbst einschätze. Ich bin da auf jeden Fall vorbelastet, denn Comanche gehörte zu den ersten Spielen, die ich überhaupt auf unserem ersten DOS-PC gespielt habe.

Grafisch ist das Spiel wohl unbestritten ein Meilenstein. Die Voxel-Engine bot detaillierte und natürliche Landschaften, wie es sie vorher nirgends gab - setzte aber natürlich auch einen potenten 486er voraus, um optimal flüssig zu laufen.

Michael Hengst in der Powerplay (der anscheinend den Test geschrieben hat - ich finde aber leider kein Autoren-Kürzel) kritisiert sehr stark, daß das Spiel relativ simpel ist und wenig Komplexität, Story oder Atmosphäre bietet... wirklich unrecht hat er da nicht. Außer Hauptmenü, Briefings mit martialischen Sprüchen und MIssionen gibt es im Spiel nicht viel zu sehen. Die nicht vorhandene Komplexität ist auch nicht zu bestreiten, wobei Comanche auch eher ein Actiongeballer mit Simulations-Elementen ist als umgekehrt.

64 % scheinen mir aber doch sehr harsch. Wollte man hier besondere Objektivität gegenüber einem "Grafik-Knaller" zeigen und hat dabei überkompensiert?

Wieso redet die PowerPlay eigentlich dauernd von "Fraktalen", wenn sie die Voxel-Grafik meint? Die Angabe "Minimum 286er" ist auch falsch. Meines Wissens nach läuft das Spiel schon aufgrund des Befehlssatzes erst auf 386ern, was auf eine nicht sehr sorgfältige Recherche hindeutet.

Bei der ASM merke ich wieder, daß ich mit dem subjektiven Gelaber in den Tests irgendwie nicht zurechtkomme. Auch scheint oft ein wenig die kritische Distanz zu fehlen, was sich in übertriebenen Verrissen und Jubelbewertungen äußert. Mit der ASM werde ich irgendwie nicht warm. 12/12 ist auch in jedem Fall zu viel.


Am besten geschrieben und informativsten erscheint mir mal wieder der PC-Player-Test. Es wird am besten erklärt, was Voxel-Grafik ist und explizit auf den Umstand eingegangen, daß Comanche keine Simulation ist, was Boris Schneider in diesem Fall sogar als Vorteil sieht.

86 % und damit sogar ein Prozentpunkt mehr als DOOM oder Tie Fighter erscheinen mir aber etwas viel.



Ich selbst spiele Comanche inzwischen deutlich seltener als andere Spiele. Ja, die Grafikengine ist toll, aber irgendwie reizt mich der spielerische Aspekt nicht mehr so sonderlich. Comanche ist in der Tat etwas flach. Man lugt hinter Hügelformationen hervor und versucht, schnell einen Schuß abzufeuern, bevor der Gegner einen trifft. Teilweise kämpft man eher mit der Schwierigkeit, den Gegner vernünftig ins Visier zu bekommen, als daß man wirklich interessante Gefechte hat. Dazu trägt auch bei, daß man nicht selbst zielen muß, außer mit den (sehr ungenauen) "Missiles".

Äußerst ärgerlich ist auch der Umstand, daß man oft die vorherige Mission noch einmal spielen muß, wenn man eine Mission verliert. So etwas ist für mich Holzhammer-Spieldesign, mit dem die Spieldauer künstlich gestreckt wird, indem man den Spieler malträtiert anstatt mehr Inhalt ins Spiel zu packen.

Im Vergleich zu einem Wing Commander fehlen auch in der Tat interessantere Menüs, Briefings oder Abflug- und Landeanimationen.

Die Musik wirkt relativ uninspiriert und dudelt so vor sich hin, egal ob man Adlib verwendet oder höherwertige Soundkarten. Wenigstens die Soundeffekte überzeugen aber.

Ich habe den Eindruck, daß um die tolle Grafikengine ein Spiel mit der "heißen Nadel" gestrickt und möglichst schnell auf den Markt geworfen wurde. Comanche hat definitiv seine Reize und macht auch eine Weile Spaß, taugt aber nicht zum Klassiker wie meinetwegen DOOM, wo die Gefechte einfach auf Dauer mehr Spaß machen.


Meine subjektive Wertung: 75%, allerdings mit ausdrücklicher Betonung der historischen Bedeutung.

Und was sagt Ihr?

Gruß,
Stephan
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Dosenware
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Re: Comanche - top oder flop?

Beitrag von Dosenware »

Meine subjektive Wertung: 75%, allerdings mit ausdrücklicher Betonung der historischen Bedeutung.
Und ohne historischer Bedeutung 64% ;-)
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CptKlotz
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Re: Comanche - top oder flop?

Beitrag von CptKlotz »

Bei mir war die historische Bedeutung schon aus der "Spielspaßwertung" herausgerechnet und daher zusätzlich erwähnt :-)


Im Grunde sieht man daran wieder, wie schwer es ist, sowas wirklich "fair" zu bewerten.
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wobo
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Re: Comanche - top oder flop?

Beitrag von wobo »

CptKlotz hat geschrieben:
mir ist heute die Diskrepanz der Wertungen aufgefallen, die in den deutschen Testberichten zu Comanche herrscht.

[...]
Die ASM gibt 12/12 Punkten
Die Powerplay gibt 64 %
Die PC-Player gibt 86 %

Ich frag' mich gerade, wie ich das Spiel selbst einschätze. Ich bin da auf jeden Fall vorbelastet, denn Comanche gehörte zu den ersten Spielen, die ich überhaupt auf unserem ersten DOS-PC gespielt habe.

Grafisch ist das Spiel wohl unbestritten ein Meilenstein. Die Voxel-Engine bot detaillierte und natürliche Landschaften, wie es sie vorher nirgends gab - setzte aber natürlich auch einen potenten 486er voraus, um optimal flüssig zu laufen.
Ich erinnere mich noch sehr gut. Nachdem ich 1994 meinen 286er durch einen 486dx40vl ersetzt hatte, habe ich auch als ziemlich erstes "386er-Game" Comanche gespielt. Von der Grafik war ich schon sehr erstaunt. So etwas hatte ich ja vorher nie gesehen. Trotzdem: schon allein vom grafischen Element her, hat mich etwas später mein erster Kontakt mit Doom noch wesentlich mehr umgehauen: und das, obwohl ich zu dem Zeitpunkt ja schon Comanche und Ultima Underworld II gespielt hatte.

Im Gegensatz zu Doom und Ultima Underworld II hat mich Comanche auch nicht länger als eine Woche gefesselt. Es hatte irgendwie überhaupt keine spielerische Faszination für mich. Ich habe die Missions oft so gespielt, dass ich einfach 80% des Levels erledigt hatte und dann zum Spass durch die Landschaft geflogen war - weil das gerade das war, was mir an dem Game so Spass gemacht hatte. Die Nachtmission fand´ ich dementsprechend nervig: Man sah von der Landschaft fast nichts mehr.

CptKlotz hat geschrieben: Michael Hengst in der Powerplay (der anscheinend den Test geschrieben hat - ich finde aber leider kein Autoren-Kürzel) kritisiert sehr stark, daß das Spiel relativ simpel ist und wenig Komplexität, Story oder Atmosphäre bietet... wirklich unrecht hat er da nicht. Außer Hauptmenü, Briefings mit martialischen Sprüchen und MIssionen gibt es im Spiel nicht viel zu sehen. Die nicht vorhandene Komplexität ist auch nicht zu bestreiten, wobei Comanche auch eher ein Actiongeballer mit Simulations-Elementen ist als umgekehrt.

64 % scheinen mir aber doch sehr harsch. Wollte man hier besondere Objektivität gegenüber einem "Grafik-Knaller" zeigen und hat dabei überkompensiert?
Im ersten Moment fand ich das zu hart. Bei zweimal überlegen aber finde ich die Wertung vollkommen richtig. Auch und erst recht wenn ich die PC-Player-Wertung für DOOM (85%) als Maßstab nehme, dann ist 64% sachgerecht: Doom ist rasanter, von der Technik mindestens ebenso innovativ (ich persönlich würde Doom da auch höher ansetzen) und vom Gameplay eindeutig überlegen, in der Musik besser....

CptKlotz hat geschrieben: Wieso redet die PowerPlay eigentlich dauernd von "Fraktalen", wenn sie die Voxel-Grafik meint? Die Angabe "Minimum 286er" ist auch falsch. Meines Wissens nach läuft das Spiel schon aufgrund des Befehlssatzes erst auf 386ern, was auf eine nicht sehr sorgfältige Recherche hindeutet.
286er ist definitiv falsch. Comanche war reiner 386er ASM Code, m.W. hatte der Programmierer sogar sein eigenen 386er-Protected Mode -Extender geschrieben.

Bei den "Fraktalen" kann das schlecht recherchiert bzw. (noch schlimmer für einen Testbericht) einfach gemutmaßt sein. Oder aber, und das halte ich persönlich für ohne weiteres möglich (reine Mutmaßung ;-)!), kam diese Fehlinfo direkt von NovaLogic. PC-Player schreibt ja, NovaLogic wollt die Engine patentieren lassen, aber das Patent war noch nicht durch. Da kann ich mir vorstellen, dass NovaLogic einfach behauptet hat, die Landschaft wären berechnete Fraktale, obwohl es tatsächlich, wie PC-Player schreibt, gescannte Satellitenbilder waren. Denn grundsätzlich kann man Landschaften wohl als Fraktal berechnen, es ist aber schwer sie so wie in Comanche aussehen zu lassen. Vielleicht wollte NovaLogic dadurch einfach Zeit gegenüber der Konkurrenz gewinnen, damit die erst einmal die passenden Fraktale suchen. Oder NovaLogic hat das einfach behauptet, weil Fraktale fortschrittlicher klingt als Scans... Wie gesagt, alles Mutmaßungen.

Ohne Frage aber, war die Engine schon ziemlich gut. Es hat sie auch m.W. keiner kopieren können. Jedenfalls ist mir kein Game mit solcher Engine bekannt, was in der Zeit um 1993-1996 nicht die Engine von NovaLogic benutzte.

Solche Engines waren höchstens in ein paar Demos zu sehen (z.B. Project Angel von Impact oder HeartQuake von Iguana). Allerdings fand ich die doch wesentlich schwächer. Bei Comanche hatte ich ein wesentlich weiteres Blickfeld in Erinnerung, während bei den Demos man wirklich jeden Hügel "beim Entstehen" zusehen kann. Außerdem fehlten in den Demo-Engines die ganzen BitMap-Gegner, die Schüsse, etc.

"Voxel" ist übrigens auch nicht korrekt. Voxel sind ja volume pixel, also quasi 3d-Pixel. Die Grafik bei Comanche besteht aber lediglich aus Höhenstäben (also volume bars), die nicht übereinander liegen können. Das tut der Innovation der Engine aber keinen Abbruch.


CptKlotz hat geschrieben: Meine subjektive Wertung: 75%, allerdings mit ausdrücklicher Betonung der historischen Bedeutung.
Und was sagt Ihr?
mmm, Berücksichtigung der historischen Bedeutung? Schwierig, ob ich dem zustimmen würde. Historische Bedeutung haben für mich so Sachen wie Wolf3D oder Doom, weil sie Genres begründet haben. Innovativ war die Engine ja schon, aber das Game einfach zu flach, zu träge für Action, zu einfach für Simulation. Ich bleibe mal bei 64%.
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Doctor Creep
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Re: Comanche - top oder flop?

Beitrag von Doctor Creep »

Interessant wie unterschiedlich Power Play und PC Player bewertet haben - wo doch die PC Player mit Heinrich/Schneider eher selten eine 80+ zückten. Dass die ASM (brauch mir den Test gar nicht durchzulesen - das Mag war auch nie mein Ding) gleich 12/12 gaben, wundert mich nicht (Jonathan (1) anyone? Ach nee, dass war ja die PC Joker *g*)

Comanche lief daaamals (TM) auf meinem 368/40 nur ruckelig, und ich schielte immer neidisch auf den 486/50 beim Kumpel - erst mein 486/66 hatte genug Dampf. Ist sicher ein Game, was man heute als Tech Porn bezeichnen würde - traf aber deutlich mehr meinen Geschmack, als Rebel "Schau mal ich hab ein CD-Laufwerk" Assault.
Letzteres wurde von der PC Player übrigens auch bejubelt - speziell Boris Schneider stand IMO schon immer auf actionlastigen "Tech Porn".

Gekauft hätte ich mir Comanche auf keinen Fall - zum "Disk-Sharing" a la Lenhardt (2) wars aber ok ;)

Ich hätte daamals (TM) eine 80 gegeben, für besondere Leistungen im Bereich "geile Engine + sexy Look" :-)

Doc

P.S. Dass Michael "Gunship" Hengst als Sim-Spezi nicht so begeistert war ist klar - da konnte er sich als Power-Play-Oldie wohl bei der Gesamtwertung deutlich gegenüber dem Red-Newbie durchsetzen

(1) http://www.dosforum.de/viewtopic.php?p=13702#p13702

(2) http://www.dosforum.de/viewtopic.php?p=13698#p13698
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