Heute habe ich mal den Sonntagnachmittag genutzt, um ein bißchen Forschung zu betreiben, was das Thema Grafikkarten in DOS-Kisten angeht.
Meine Ergebnisse sind sicherlich nicht allgemeingültig, weder was den verwendeten Benchmark angeht, noch von der Zahl der Grafikkarten her. Aber vielleicht interessiert Euch das Experiment ja trotzdem :-)
Testprozedur:
Testrechner war der
Pentium II-233.
Der Rechner wurde normal mit allen Treibern gebootet. Nach dem Boot lief mit jeder Grafikkarte fünfmal der PCPBENCH, um Meßtoleranzen auszugleichen und einen Mittelwert bilden zu können.
Danach wurde der Rechner neu gebootet, SDD/UNIVBE geladen und wieder fünf Testdurchläufe gemacht, um die Leistung mit und ohne UNIVBE vergleichen zu können.
(Die fünf Durchläufe waren eigentlich unnötig, bis auf eine Ausnahme, die eigentlich auch keine ist (siehe Kommentare).
Zusätzlich zum Benchmark habe ich auf den Grafikkarten einmal Commander Keen 5 sowie Jazz Jackrabbit laufen lassen, um zu überprüfen, ob es Schwierigkeiten mit horizontalem Scrolling gibt.
(Sicherlich ist auch das kein erschöpfender Test, aber es gab trotzdem einige Ausfälle, was diesen Punkt angeht (siehe unten))
Testergebnisse:
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Karte / Eigenschaften VESA FPS FPS/UNIVBE
1. ATI Mach 64 2.0 25.9/26.0 26.0
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3. Cardex S3TRIO64V+ 1.2 24.2 26.1
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3. Elsa S3TRIO64V2 2.0 26.1 26.1
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4. Hercules TSENG ET6000 2.0 26.1 26.1
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5. Matrox Mystique PCI 2.0 24.3 24.2
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6. Matrox MGA AGP 2.0 24.3 N/A
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Details und Kommentare
Karte Nr. 1
ATI MACH 64 264 VT PCI 2MB (VESA 2.0)
Dies war die erste Karte im Test. Deren Meßergebnisse waren der Grund, der mich veranlaßte, fünf Durchläuft pro Test zu machen, weil hier die Meßwerte bei Messungen im Vorfeld etwas schwankten (mit einer Schwankungsbreite von 25.6 bis 26.0 fps).
Beim heutigen Test erreichte die Karte ohne UNIVBE dreimal 25.9 und zweimal 26.0 fps. Die Schwankung liegt damit wohl im absolut vernachlässigbaren Bereich der Meßtoleranzen.
Mit UNIVBE erreichte die Karte konstant 26.0 fps. Somit ergibt sich kein signifikanter Leistungszuwachs durch UNIVBE.
Insgesamt hält die Karte leistungsmäßig gut mit den Mitbewerbern mit.
Bemerkung: Die Karte hat bei Commander Keen Schwierigkeiten mit dem horizontalen Scrolling. Sofern vorhanden, läßt sich dies bei Keen durch den "Jerky Motion Fix" beheben (meine Version von Keen 6 hat ihn leider nicht...).
Jazz Jackrabbit läuft dagegen problemlos. Man muß der Karte also leichte Defizite im Scrolling-Bereich attestieren.
Karte Nr. 2
CARDEX S3 TRIO64V+ PCI 2MB (VESA 1.2)
Dies ist die Grafikkarte, die wir seinerzeit für das DX4/133-System gekauft haben. Da das ganze ein preiswertes Upgrade war, vermute ich, daß auch die Grafikkarte ein eher preiswerter Vertreter ihrer Art ist.
Von sich aus unterstützt die Karte nur den VESA 1.2-Standard. Die Meßwerte ohne UNIVBE fallen etwas gegenüber den anderen Karten ab: 24.2 fps.
Die Cardex war die einzige Grafikkarte im Test, bei der UNIVBE einen satten Leistungsschub gebracht hat. Mit UNIVBE erreichte sie 26.1 fps und lag damit gleichauf mit den anderen Karten in der Spitzengruppe.
Karte Nr. 3
ELSA Winner 1000 T2D S3 TRIO 64V2/DX PCI 2MB (VESA 2.0)
Die Elsa ist dann wohl das etwas hochpreisigere Pendant zur Cardex gewesen.
Die Karte bringt von sich aus VESA 2.0-Extensions mit und erreicht mit und ohne UNIVBE gleichermaßen 26.1 fps.
Bemerkung: UNIVBE erkennt die Karte als S3 Virge/DX/GX PCI 2MB (VESA 2.0). Mir ist im Moment noch nicht ganz klar, wie man diese Karte technisch einordnen muß. Ist eine Trio64V2/DX schon eine Virge, oder stellt diese Karte einen Evolutions-Zwischenschritt zwischen Trio64V+ und Virge dar?
Die Virge scheint ja in jedem Fall auf dem Trio-Chipsatz zu basieren. Ich muß wohl auf dem Gebiet mal ein paar Nachforschungen anstellen. (Bis zu meinem heutigen Experiment war ich eh überzeugt, die Elsa sei eine normale Trio 64V+).
Karte Nr. 4
Hercules Dynamite 128/Video TSENG ET6000 PCI 4MB (VESA 2.0)
(freundlicherweise von Locutus für diesen Test bereitgestellt :-) )
Die TSENG ET6000 war einer der Favoriten, da sie einen Ruf als schnelle Grafikkarte hat und in einem Test der c't seinerzeit sehr gut abschnitt.
Hier konnte sich der TSENG-Chipsatz allerdings nicht von den MACH64- und Trio-Karten absetzen. Er lieferte 26.1 fps. Auch UNIVBE blieb ohne Auswirkung.
Bemerkung: Die Karte braucht für Commander Keen die Option "SVGA Compatibility", da ansonsten beim Scrolling Teile des Spielfeldes von einem flackernden, schwarzweißen Rechteckmuster überlagert werden.
Bei Jazz Jackrabbit machen Bildfehler und Ruckeln das Spielen unmöglich.
Entweder harmonieren Test-PC und Karte nicht oder die Karte ist defekt - ansonsten ist die TSENG für DOS-Spiele wohl eher nicht zu empfehlen.
Karte Nr. 5
MATROX MGA Mystique PCI 4MB (VESA 2.0)
Noch ein Favorit. Die Mystique galt zu ihrer Zeit als eine der schnellsten PCI-Grafikkarten.
In diesem Benchmark überzeugt die Mystique allerdings nicht sonderlich. Sie liefert relativ schwache 24.3 fps.
Kurios: UNIVBE verschlechtert die Leistung um 0.1 fps auf 24.2 fps!
Bemerkung: Die Mystique ist leider für DOS-Spiele-PCs kaum zu gebrauchen. Sie erzeugt bei horizontalem Scrolling (Commander Keen, Jazz Jackrabbit) starkes Ruckeln, welches das Spielen quasi unmöglich macht.
Für Windows-Rechner ist die Mystique eventuell eine starke Grafikkarte, aber für DOS-Spiele läßt man lieber die Finger davon :-)
(hier wird es kaum an einem Defekt liegen können, da verschiedene MGA- und Mystique-Karten das Fehlverhalten zuverlässig in verschiedenen Rechnerkonfigurationen zeigen)
Karte Nr. 6
Matrox MGA-G100A/4/OE AGP 4MB (VESA 2.0)
Da das P2L-B-Mainboard ja auch einen AGP-Slot hat, konnte ich diese Karte in den Test miteinbeziehen.
Sie fällt aber auch hinter das restliche Feld zurück und liefert 24.3 fps. Ein Vorteil durch den AGP-Anschluß scheint im vergleich zur Mystique PCI hier nicht gegeben zu sein.
Die Leistung mit UNIVBE konnte ich dann gar nicht erst messen, weil UNIVBE den Chipsatz nicht unterstützt (wobei mir nicht bekannt ist, ob das an dieser speziellen Karte liegt, oder vielleicht einfach daran, daß UNIVBE keine AGP-Karten unterstützt).
Bemerkung: Die Karte ist für Commander Keen und Jazz Jackrabbit genauso wenig geeignet wie die Mystique.
FAZIT:
Zumindest in diesem Test liegt die Spitzengruppe aus MACH64, S3 Trio 64V+, S3 Trio 64V2/DX und TSENG ET6000 sehr dicht beieinander.
Die MGA-Karten fallen um knapp 2 fps gegenüber der Konkurrenz ab, was vermutlich beim Spielen kaum spürbar sein dürfte.
Locutus meinte dazu:
Ich denke der Benchmark eignet sich nicht besonders, um Grafikkarten zu testen, sondern eher um CPU-Leistung zu messen, da das Software-Rendering doch eher die CPU belastet als die Grafikkarte. Man müßte einen 2D-Benchmark haben, der weniger komplexe Bilder zeichnet aber dafür mehr, um die Durchsatzrate zu testen.
Das kann natürlich gut sein, dementsprechend liegen die Ergebnisse auch zumindest bis auf die Matrox-Karten recht nah beieinander.
Man muß evtl. den Schluß daraus ziehen, daß es für 3D-Spiele unter DOS im Wesentlichen auf die CPU-Leistung ankommt und weniger auf die Grafikkarte. Eine Ausnahme werden die Spiele der späten DOS-Ära sein, die dann schon 3D-Beschleuniger unterstützten.
Thema UNIVBE:
Die Aussage, daß UNIVBE die Grafikleistung auch bei Karten steigern soll, die schon VESA 2.0 mitbringen, ließ sich in diesem Test nicht nachvollziehen.
Der einzig spürbare Effekt war bei der MACH64 zu beobachten, bewegte sich aber auch dort nur im Bereich der Meßtoleranzen und wird sicher beim Spielen mit dem Rechner nie spürbar werden.
Bei der Cardex mit VESA 1.2 brachte UNIVBE dagegen eine deutliche Leistungssteigerung.
Insgesamt ergibt sich wohl für die S3-basierten Karten das beste Gesamtbild, wenn es um die Eignung für DOS-PCs geht.
Sowohl die Elsa Winner als auch die Cardex lieferten eine solide Benchmark-Leistung und zeigten zumindest hier keinerlei Schwierigkeiten mit horizontalem Scrolling.
Der Elsa muß man zusätzlich zu Gute halten, daß sie ihre volle Leistung schon ohne UNIVBE bringt.
So, und jetzt diskutiert mal schön über meine Methodik und meine Schlußfolgerungen. Wenn jemand eine bessere Testprozedur oder einen alternativen Benchmark weiß, könnte man den Test noch einmal wiederholen, auch wenn's recht aufwendig ist... :-)
Gruß,
Stephan